EIN NEUES LIEBLINGS-WORT: PRONOIA
Mit dem Begriff Paranoia kann fast jeder was anfangen. Es beschreibt den Zustand großes Misstrauens, jedem und allem werden schlechte Absichten unterstellt.
Pronoia ist das Gegenteil dazu: das Gefühl, es gibt da ein Geheimnis, das existiert, um mir zu helfen. Ein wachsendes Bewusstsein, dass Mitmenschen, das Universum, Gott, einfach alles darauf ausgerichtet ist, mich zu unterstützen und Gutes in mein Leben zu bringen.
Wenn ich also das Wohnzimmer betrete und die Gespräche verstummen, wäre eine paranoide Idee, dass eben böse über mich gesprochen wurde. Bin ich jedoch pronoid unterwegs, denke ich mir, dass ich vielleicht gerade mitten in die heimliche Besprechung meines Geburtstagsgeschenkes geplatzt bin.
Die Gespräche dieser Woche waren sehr interessant und es gab natürlich auch kreative Reaktionen. Kritiker könnten Pronoia wie Paranoia als Erkrankung erkennen und ein Pragmatiker es als die übliche Art von „einfach nur positiv denken“ abtun. Wenn es aber irgendwo dazwischen auf der Skala liegt, könnte nicht eine solche innere Haltung den Tag geschmeidiger und leichter machen? Könnte das Vertrauen auf Unterstützung mir an Engstellen eine Extraportion Energie verleihen oder auf Durststrecken etwas mehr Durchhaltevermögen?
„Gibt es das Wort denn wirklich?“ war auch eine Frage. Ja, so genau weiß ich nicht, woher es kommt, wann es zum ersten Mal aufgetaucht ist. Im Internet habe ich verschiedene Sachen gefunden. Schön finde ich diese philosophische Quelle: „Die Wirkung dieser Gutheit durch oder in Pronoia ist universal, d.h. sie durchdringt, umfasst und bestimmt alle Bereiche der aus dem Einen als dem universalen Ursprung hervorgegangenen Wirklichkeit... Sie ist Allem gegenwärtig…“ (Aus: Pronoia und Freiheit in der Philosophie des Proklos, Autor(en): Beierwaltes, Werner).
Interessant finde ich die Tatsache, dass uns Paranoia so geläufig ist und ein Wort fürs Gegenteil völlig fehlt. Vielleicht, weil es ständig genügend schlimme Nachrichten und schreckliche Bilder in allerlei Medien für uns gibt und gute Nachrichten so gar keine Klicks wert sind. Vielleicht weil wir wenig Übung mit „gesteigertem Vertrauen“ haben.
Es waren schöne, sehr bereichernde und oft nachdenklich machende Gespräche in dieser Woche mit wertvollen Fragen. Zwei davon gebe ich dir hier noch mit:
· Was fällt mir im Alltag eher auf, hinderliche oder unterstützende Elemente? Und wie frei kann ich dabei wählen?
· Wie gut kann ich denn Unterstützung von außen überhaupt annehmen? Wie offen bin ich dafür?